Erzbischof von Homs nennt Emigration, Sanktionen und Korruption als größte Herausforderungen für Syrien

Besuch von Mgr. Jacques Mourad in Belgien

06/12/2023 Leuven – Im Rahmen seines Besuchs in Belgien letzte Woche hat Mgr. Jacques Mourad, der neue syrisch-katholische Erzbischof von Homs, das Sekretariat von Kirche in Not Belgien/Luxemburg in Leuven besucht.

Der andere ist der Bote Gottes. Nach unserem Denken und unserer Mentalität ist jeder Mensch das Bild Gottes, deshalb ist er heilig. Für mich ist dies die Meditation, die ich in dieser Weihnachtszeit mit Ihnen teilen möchte, in der Jesus sich entschied, in einer Höhle bei einer sehr armen Familie, die nichts hat, Josef und Maria, inkarniert zu werden.“

„Der Rest dieser Christen, wenn wir noch hier sind, dann deshalb, weil wir trotz allem Bösen und all dem Leid des Alltags weiterhin ertragen. Wir machen weiter, weil unsere Stärke unser Glaube ist. Ich lade Sie ein, sich in dieser Zeit an Ihren Glauben zu erinnern, der ein Geschenk Gottes ist. Dieser Glaube ist wirklich die Quelle unserer Hoffnung. Ohne uns unseres Glaubens bewusst zu sein, können wir nicht auf eine Welt hoffen, die sich immer mehr der Gewalt, dem Bösen und dem Unbekannten zuwendet. Aber wer Glauben hat, kann die Auferstehung sehen, kann seinen Blick auf das verheißene Königreich richten, das Gott uns versprochen hat, und Gott ist treu. Unser Glaube ist unsere Antwort der Treue gegenüber Ihm, der für die Ewigkeit treu bleibt.

„Ich danke Ihnen unendlich für Ihr Zeugnis der Treue und des Glaubens, das Sie durch Spenden und menschliche und christliche Solidarität mit allen zum Ausdruck bringen. Ihr Engagement ist unsere Hoffnung. Danke.“

Interview mit einer Delegation von Kirche in Not in Homs

Pater Jacques Mourad, ehemalige Geisel islamistischer Terroristen, wurde im März 2023 zum syrisch-katholischen Erzbischof von Homs (Syrien) geweiht. Beim Besuch einer Delegation des päpstlichen Hilfswerks Kirche in Not in Syrien spricht er von den aktuellen Herausforderungen seines Landes, von Vergebung und der vertrauensvollen Hingabe an Gott.

Der Krieg in Syrien scheint eingefroren zu sein, doch die syrische Bevölkerung lebt weiterhin unter sehr schweren Bedingungen. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen in Ihrem Land?

Ich denke ganz besonders an die Ausbildung, die sich in einer sehr ernsten und heiklen Krise befindet. All unsere Kinder und Jugendlichen in den Schulen und Universitäten sind betroffen! Bildung ist die Zukunft unseres Landes. Kinder und Lehrer haben ein Recht auf ein gutes Arbeitsumfeld, doch die Gehälter der Lehrer – 18 bis 22 Euro pro Monat – liegen unter der Menschenwürde. Die gravierenden Herausforderungen in unserem Land sind das Ergebnis der unterdrückerischen Sanktionen gegen Syrien und der Korruption, die sich direkt auf das Volk auswirken.

Ein weiterer großer Grund zur Sorge ist die massive Auswanderung. Viele Familien verlassen Syrien, weil sie ihren Kindern ein besseres Leben ermöglichen wollen. Sie haben die Hoffnung und das Vertrauen in dieses Land verloren und sie wollen nicht, dass ihre Kinder in einem Land leben, in dem sie nicht sicher sind. Es gibt auch viele junge Menschen, die auswandern, und auch das wirft erhebliche Probleme auf. Da es sich bei den meisten von ihnen um Männer handelt, heiraten junge christliche Frauen Muslime und müssen dann konvertieren – das ist das Gesetz. All diese Menschen hinterlassen oft ältere Menschen, die gepflegt werden müssen.

Was macht die Kirche in dieser Situation, um den Menschen beizustehen?

Wir haben eine große Verantwortung. Aber wir können nicht überall helfen… In diesen wenigen Monaten als Bischof habe ich gemerkt, wie schwach und hilflos wir als Kirche, als Bischöfe oft sind. Ich stimme dem Papst zu, dass wir die Hilfe von Laien benötigen… Deshalb ist es auch wunderbar, eine konkrete, „inkarnierte“ Gegenwart von Organisationen wie Kirche in Not hier in Syrien zu haben, die Zeugnis geben von wahrer Liebe, von Solidarität.

Sie sind Mönch der Gemeinschaft von Deir Mar Musa. Wie haben Sie persönlich das Problem der Auswanderung junger Menschen erlebt, als Sie noch im Kloster Mar Elian waren, bevor Sie Bischof wurden?

Während des Krieges waren die meisten Häuser der Christen im nahegelegenen An-Nabk zerstört worden, doch keiner hat die Stadt verlassen! Denn wir haben, unter anderem mit der Unterstützung von Kirche in Not, den Menschen sehr schnell geholfen, die Häuser wieder aufzubauen. Und dann haben wir verschiedene Projekte für Kinder und Jugendliche ins Leben gerufen. Es war zwar einfach, den Menschen nahe zu sein, da es dort nur ungefähr 125 christliche Familien gab. Trotzdem finde ich, dass die Arbeit in An-Nabk ein Beispiel für all unsere Kirchen in Syrien sein sollte. Wir sollten nicht nur Essen austeilen, sondern auch verschiedene Projekte – Schulen, Musik und Kunst, … – ins Leben rufen, sodass die Menschen spüren, dass sie das Recht auf Leben haben. Eine solche Art von Hilfe kann bewirken, dass die Menschen tatsächlich nicht mehr daran denken auszuwandern. Doch dazu bedarf es der Zusammenarbeit von Bischöfen, Priestern und Laien.

Als Sie 2015 fünf Monate lang von islamistischen Terroristen als Geisel gehalten wurden, mussten Sie erhebliches Leid erfahren. Wie ist Vergebung nach solch tiefgreifenden Erfahrungen möglich?

Vergebung können wir nicht selbst „machen“. Vergebung bedeutet: Gott einen Platz in unserem Herzen zu geben, damit er in uns vergibt; so wie Jesus am Kreuz gesagt hat: „Vater, vergib Ihnen!“ Jedes Mal, wenn ein Terrorist in das Badezimmer kam, in dem ich gefangen gehalten wurde, habe ich nur Barmherzigkeit für ihn empfunden. Obwohl ich auch mit Wut und anderen starken Emotionen konfrontiert war, habe ich in diesem Augenblick keine solchen Gefühle empfunden, sondern nur Barmherzigkeit. …Wir brauchen viel Demut, um anzunehmen, dass wir selber nicht zu so etwas fähig sind. Alles, was wir können, kommt von Gott. Auch die Vergebung.

Gibt es etwas, das Sie aus der Zeit der Geiselhaft mitgenommen haben für Ihr tägliches Leben?

Das Wichtigste, das ich in dieser Zeit gelernt habe, ist, sich Gott vertrauensvoll zu überlassen. Seit ich mit dem Herrn gehe, habe ich jeden Tag das Gebet von Charles de Foucauld gebetet, und in den fünf Monaten als Geisel wurde mir die Gelegenheit gegeben, es ganz konkret zu leben:

„Mein Vater, ich überlasse mich Dir, mach mit mir, was Dir gefällt. Was Du auch mit mir tun magst, ich danke Dir. Zu allem bin ich bereit, alles nehme ich an. Wenn nur Dein Wille sich an mir erfüllt und an allen Deinen Geschöpfen, so ersehne ich weiter nichts, mein Gott. In Deine Hände lege ich meine Seele; ich gebe sie Dir, mein Gott, mit der ganzen Liebe meines Herzens, weil ich Dich liebe, und weil diese Liebe mich treibt, mich Dir hinzugeben, mich in Deine Hände zu legen, ohne Maß, mit einem grenzenlosen Vertrauen; denn Du bist mein Vater.“

Die Kirche in Syrien bemüht sich an vielen Orten, die Menschen mit dem Nötigsten zu unterstützen. Dabei steht sie vor der Herausforderung, sich nicht in eine NGO zu verwandeln…

Ja, vor allem besteht die Gefahr, dass die Menschen zu sehr von der Hilfe der Kirche abhängig werden. Und es ist wirklich wichtig, dass Priester von Tätigkeiten, die man als Sozialarbeit bezeichnen könnte, befreit werden… Daher ist es wichtig, ein Komitee mit Laien zu haben, die die verschiedenen Projekte verwalten. Wir müssen auch mehr die Jugendlichen einbinden und ihnen vertrauen. Ich schätze ihr Engagement sehr. Sie haben neue und erfrischende Ideen und wir brauchen sie, um die Zukunft zu gestalten.

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