Sudan: nach einem Kriegsjahr keine Seminaristen mehr

Priester, die aus dem Sudan geflohen sind, in ihrer neuen Pfarrei im Südsudan © ACN


12/04/2024 Leuven – Am 15. April feiert der Sudan den ersten Jahrestag des Beginns des Bürgerkriegs im Land. Viele Missionare und Religionsgemeinschaften mussten das Land verlassen und Pfarreien, Krankenhäuser und Schulen haben ihren Betrieb eingestellt. Das Khartoum Preparatory Seminary musste seine Türen schließen. Im benachbarten Südsudan engagiert sich die Kirche mit Unterstützung von Kirche in Not aktiv für Flüchtlinge und unterstützt Seminaristen aus dem Sudan dabei, ihre Ausbildung fortzusetzen.

Seit einem Jahr tobt der Krieg der Generäle in einem ohnehin bereits sehr geschwächten Land. Die Bevölkerung leidet zutiefst, und die kleine christliche Gemeinde ist auf ein Minimum geschrumpft.

„Ich fordere die Kriegsparteien erneut auf, diesen Krieg zu beenden, der den Menschen und der Zukunft des Landes so viel Schaden zufügt. Beten wir, dass bald Wege des Friedens gefunden werden, um die Zukunft des geschätzten Sudan aufzubauen“, bat Papst Franziskus inständig beim Angelusgebet am 18. Februar 2024.

Seit dem 15. April 2023 finden heftige Kämpfe zwischen der sudanesischen Armee unter dem Kommando des derzeitigen Übergangspräsidenten General Abdel Fattah al-Burhan und den Rapid Support Forces (RSF), einer paramilitärischen Gruppe unter der Führung von Vizepräsident Mohammed Hamdan Dagalo, alias Hemedti, statt.

Kampf um Besitztümer

Diese beiden Protagonisten hatten gemeinsam die Übergangsregierung gestürzt, die nach der Vertreibung von Diktator Omar al-Bashir im Jahr 2019 gebildet worden war. Unmittelbar nach dem Sturz des Diktators hatten sich die beiden Kampfgefährten über die Themen der Integration der RSF in die reguläre Armee und die Verteilung der Reichtümer des Landes zerstritten. Der Sudan ist faktisch der drittgrößte Goldproduzent Afrikas und Hemedti besitzt mehrere Goldminen im Norden. Was seinen neuen Widersacher betrifft, so steht dieser in Verbindung mit der Armee, welche eine große Anzahl an Immobilien und Geschäften aller Art besitzt. Die Armee wiederum zögert, diese an eine zivile Regierung abzutreten, die sich ihrer Kontrolle entzieht.

Da keine der beiden Seiten nachgibt, sieht die Zukunft düster aus. Der „Krieg der Generäle“ führt zum langsamen Tod der sudanesischen Bevölkerung. Die jüngsten offiziellen Zahlen sprechen von mehr als 13 900 Toten und 8,1 Millionen Vertriebenen, von denen etwa 1,8 Millionen außerhalb des Landes leben.

Der Konflikt scheint vergessen

Kinga Schierstaedt, Projektkoordinatorin für Kirche in Not im Sudan © ACN

„Angesichts der Intensität dieses Krieges fragen sich viele vor Ort, wie die beiden Seiten nach einem Jahr Kampf über so viele Waffen verfügen können und wer sie finanziert“, so Kinga Schierstaedt, Projektleiterin für den Sudan von Kirche in Not. Die Bevölkerung verhungert und verdurstet, während dieser Konflikt von einem Großteil der internationalen Gemeinschaft völlig vergessen wird.

Die Kirche vor Ort wiederum ist auf ein Minimum reduziert: „Vor dem Krieg machte sie zwar nur fünf Prozent der Bevölkerung aus, aber sie wurde geduldet und konnte ein paar Krankenhäuser und Schulen betreiben – auch wenn sie nicht über ihren Glauben sprechen durfte“, erklärt Kinga Schierstaedt. Nach dem Sturz von Omar al-Bashir gab es einige Verbesserungen in Bezug auf die Religionsfreiheit, und die Strafen nach dem Scharia-Strafgesetzbuch wurden abgeschafft. Zu diesem Zeitpunkt konnte Kirche in Not unter anderem die Finanzierung und den Import einer Hostienbackmaschine für die Diözese El Obeid ermöglichen was in den Jahren zuvor undenkbar gewesen wäre, so Kinga Schierstaedt weiter. Doch die Öffnung sei nur von sehr kurzer Dauer gewesen.

Der sichere Hafen der Kirche

Selbst als Minderheit war die Kirche immer ein „sicherer Hafen“ für die Bevölkerung, und viele Menschen strömten zu Beginn des Krieges wie selbstverständlich in die Kirchen. Nun wird aber selbst dieser Zufluchtsort brüchig. Viele Missionare und Ordensgemeinschaften mussten das Land verlassen, Pfarreien, Krankenhäuser und Schulen haben ihre Arbeit eingestellt. Das Propädeutikum in Khartum, in dem sich die Studenten ein Jahr lang auf ihre Priesterausbildung vorbereiten, musste seine Pforten schließen. Glücklicherweise konnten einige Seminaristen, denen die Flucht gelang, ihre Ausbildung in der Diözese Malakal im benachbarten Südsudan fortsetzen.

Erzbischof Michael Didi von Khartum, der sich zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs in der Stadt Port Sudan an der Küste des Roten Meeres aufhielt, konnte nicht in seine Stadt zurückkehren. Bischof Tombe Trile aus der Diözese El Obeid musste in die Kathedrale „umziehen“, weil sein Haus teilweise zerstört worden war. Viele Christen sind zu Fuß oder über den Nil geflohen und haben sich in Flüchtlingslagern niedergelassen, in denen das Überleben ein täglicher Kampf ist.

Hoffnung in der Dunkelheit

Heute wird selbst die Existenz der Kirche im Sudan in Frage gestellt. „Doch obwohl der Krieg weitergeht, kann er das Leben nicht auslöschen“, betont einer der Projektpartner von Kirche in Not im Land. „In der Osternacht gab es in Port Sudan 16 Taufen und in Kosti wurden 34 Erwachsene gefirmt! Wir müssen die Hoffnung inmitten der Finsternis bewahren.“

Taufe von 16 Menschen in Port Sudan während der Osternacht © ACN

Auch im Südsudan ist die Kirche sehr aktiv, indem sie Flüchtlingen aus dem nördlichen Nachbarland zur Seite steht, und – auch dank der Unterstützung von Kirche in Not – sudanesischen Seminaristen die Möglichkeit bietet, ihre Ausbildung fortzusetzen. „Ich bin gerade aus dem Südsudan zurückgekehrt, der mit dem benachbarten Sudan dieselbe Bischofskonferenz teilt“, so Kinga Schierstaedt, „und war beeindruckt, wie viel Energie manche Priester, die selbst Flüchtlinge sind, in die Katechese ihrer neuen Pfarrei und in die Unterstützung anderer Flüchtlinge stecken. Die Kirche im Südsudan hilft schon jetzt den sudanesischen Christen, sich auf die Zeiten des Friedens vorzubereiten.“

Wir verwenden Cookies auf dieser Website. Wenn Sie fortfahren, gehen wir davon aus, dass Sie dies zulassen.

Spenden

Melden Sie mich für den digitalen Newsletter an

Für ein gutes Datenmanagement benötigen wir diese Daten. Unsere Datenschutzerklärung